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Und raus bist Du: Kundenkonto wegen Retoure gesperrt

Pressemitteilung vom
Verbraucherzentrale Hessen informiert zur Zulässigkeit von Sperren bei Online-Konten
Eine Frau sitzt mit kritischem Blick am Schreibtisch vor ihrem Laptop

Ob beim Shoppen, in sozialen Netzwerken oder beim Streamen: Immer mehr Nutzer erleben, dass Anbieter die Online-Konten ohne nachvollziehbare Gründe sperren. Treffen kann es jeden, denn die Algorithmen der Plattformen entscheiden oft willkürlich und ohne Transparenz. Beschwerden bei den Anbietern bleiben folgenlos: standardisierte automatisch versandte Antworten lassen die Betroffenen mit ihren Fragen allein.

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Diese Erfahrung musste auch Marlen T. aus Marburg machen. Sie bestellte und bezahlte Schuhe bei ASOS.com Limited, einer britischen Online-Mode-Plattform. Doch die Schuhe kamen bei ihr nie an. Nach vergeblicher Fristsetzung zur Nachlieferung forderte sie schließlich die Erstattung des Kaufpreises. Doch anstelle der Rückzahlung erhielt sie die Mitteilung, dass wegen „auffälligen Retourenverhaltens“ ihr Konto gesperrt werde.

Die Fair Use Policy von ASOS sieht vor, dass Benutzerkonten gesperrt werden können, wenn „verdächtige Aktivitäten“ vorliegen – etwa Beschwerden über nicht erhaltene Bestellungen, fehlende Artikel oder ein ungewöhnlich hohes Retourenverhalten. Doch Marlen T., die bei ASOS.com Limited nur gelegentliche Kundin ist, hatte lediglich ihr Recht auf Rückerstattung des Kaufpreises eingefordert. Für sie, die einfach nur eine faire Lösung wollte, kam die Sperre völlig unvermittelt und aus ihrer Sicht ohne nachvollziehbaren Grund.

Faire Lösungen statt Kontosperren

„Eine Kontosperre sollte niemals das erste Mittel der Wahl sein – schon gar nicht als Reaktion auf die berechtigte Wahrnehmung gesetzlich verbriefter Rechte", erklärt Olesja Jäger, Referentin für Verbraucherrecht bei der Verbraucherzentrale Hessen. „Die Sperre muss verhältnismäßig, transparent und nachvollziehbar erfolgen. Zunächst müssen mildere Maßnahmen – wie eine Verwarnung oder eine temporäre Einschränkung – geprüft werden.“

Doch die Praxis sieht oft anders aus: „Viele Nutzer erleben, dass Plattformen ohne Vorwarnung und ohne klare Begründung zu Sperren greifen. Das schafft nicht nur Frust und Rechtsunsicherheit, sondern lässt Betroffene hilflos zurück – ohne zu wissen, warum ihr Konto gesperrt wurde und wie sie es wieder freibekommen.“ 

Für Verbraucher ergibt sich bereits aus dem geschlossenen Vertrag das Recht, ihren Account vollständig zu nutzen. Die AGB legen Regeln fest, wie man den Account nutzen darf. Wenn jemand diese Regeln mehrmals bricht oder gegen diese schwerwiegend verstößt, kann der Anbieter den Account sperren – was rechtlich einer außerordentlichen Kündigung des Nutzungsvertrags entspricht. Eine solche Kündigung muss stets hinreichend begründet werden. „Diese Pflicht zur Begründung kommt nicht nur aus dem Vertrag, sondern auch aus dem Digital Services Act (DSA), einem europäischen Gesetz über digitale Dienste“, erläutert Jäger.

Artikel 17 des DSA verpflichtet Online-Plattformen dazu, klare und verständliche Begründungen für konkrete Maßnahmen – etwa Kontosperre, Löschung von Inhalten zu liefern. Der Plattformbetreiber muss detailliert darlegen, warum die Maßnahme ergriffen wurde:

  • Bei einem Verstoß gegen Nutzungsbedingungen muss er genau angeben, welche Regel verletzt wurde und die Gründe dafür erläutern.
  • Bei angeblich rechtswidrigen Inhalten ist er verpflichtet, die Rechtsgrundlage zu nennen und zu erklären, warum der Inhalt als illegal eingestuft wurde.
  • Falls die Entscheidung durch automatisierte Systeme oder Algorithmen getroffen wurde, muss dies offen kommuniziert werden.

Fehlt eine nachvollziehbare Begründung muss die Plattform ein Beschwerdeverfahren anbieten. Betroffene können dann darlegen, warum die Sperre aus ihrer Sicht unberechtigt ist. Wird die Beschwerde geprüft und als berechtigt anerkannt, muss das Konto wieder freigeschaltet werden. Die Vorgabe eine Sperre zu begründen, dient im Wesentlichen dazu, dass man erfährt, was man möglicherweise auf einer Plattform falsch gemacht und was man in Zukunft ändern muss, um den Account weiterhin nutzen zu können. 

Das können Verbraucher tun

  • Entsperrung fordern und Frist setzen: Fordern Sie den Anbieter schriftlich auf, das Konto innerhalb einer angemessenen Frist zu entsperren.
  • Beweise sichern: Screenshots, E-Mails oder Chatverläufe helfen, Ihren Standpunkt zu belegen.
  • Sind Sie mit der Entscheidung des Dienstes nicht einverstanden, haben Sie die Möglichkeit, online Beschwerde bei der Online-Plattform einzulegen. Die Online-Plattformen sind verpflichtet, ein internes Beschwerdemanagement einzurichten. Die Entscheidung über eine Beschwerde darf nicht rein automatisiert erfolgen und muss eine Begründung erhalten.
  • Wenn Sie mit dem Ergebnis des internen Beschwerdeverfahrens nicht einverstanden sind, können Sie Ihren Fall bei einer zertifizierten Stelle zur Beilegung von Streitigkeiten einreichen. Eine Liste aller in der EU gemäß DSA zugelassene Streitbeilegungsstellen finden Sie hier.
  • Bei Problemen mit Kontosperren, Inhaltslöschungen oder anderen Beschränkungen durch Online-Plattformen können Sie sich direkt an die Bundesnetzagentur wenden – sie ist in Deutschland der zuständige Digital Services Coordinator (DSC) nach dem Digital Services Act (DSA).
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung wiedergibt.