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Verbraucherkredite und Überschuldung

Pressemitteilung vom
Verbraucherzentrale Hessen fordert weiterhin Kostenfreiheit der Schuldnerberatung
Ein Paar mittleren Alters blickt besorgt auf Unerlagen

Die Zahl überschuldeter Verbraucherinnen und Verbraucher bleibt mit 5,56 Million Betroffenen weiter auf hohem Niveau. Beim verbraucherpolitischen Frühstück am 2. Oktober 2025 diskutierte Philipp Wendt, Vorstand der Verbraucherzentrale Hessen mit Expertinnen und Experten darüber, wie die Richtlinie (EU) 2023/2225 über Verbraucherkreditverträge helfen kann, Überschuldung zu vermeiden. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) hat hierzu zwei Gesetzentwürfe der Bundesregierung veröffentlicht, die an die bereits am 23. Juni 2025 vorgelegten Referentenentwürfe anknüpfen.

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Die EU-Richtlinie fordert die Ausweitung des Anwendungsbereiches des Verbraucherdarlehensrecht um Kleinkredite bis 200 Euro, zins- und gebührenfreie Kredite sowie „Buy Now, Pay Later“-Kredite und soll damit den Schutz vor Überschuldung verbessern. Der Regierungsentwurf des BMJV erfüllt zwar diese Vorgabe, ist allerdings an entscheidenden Stellen nicht überzeugend. Der Entwurf für ein Schuldnerberatungsdienstegesetz (SchuBerDG) soll sicherstellen, dass Verbraucherinnen und Verbraucher, die Schwierigkeiten bei der Erfüllung ihrer finanziellen Verpflichtungen haben oder haben könnten, unabhängige Schuldnerberatungsdienste zur Verfügung gestellt werden.

Ursachen für Verschuldung sind vielfältig 

Manuela Wiegand, Leitende Beraterin der Verbraucherzentrale Hessen in Fritzlar, berichtete in ihrem Impulsvortrag aus ihrer täglichen Arbeit in der Schuldner- und Insolvenzberatung. Als Ursachen für Überschuldung identifizierte sie insbesondere Änderungen in den Lebensumständen von Verbrauchern wie Krankheit, Sucht oder Unfall, die in die Erwerbsunfähigkeit führen und die Bedienung von Krediten erschweren, aber auch prekäre Arbeitsverhältnisse, die Trennung vom Partner oder dessen Tod, gescheiterte Selbstständigkeit, gescheiterte Immobilienfinanzierung oder die Bürgschaft und Mithaftung für Kredite. Besonders problematisch ist aus ihrer Sicht, dass viele Menschen infolge gestiegener Preise auch für Alltägliches wie Lebensmittel, Kleidung oder die Einschulung von Kindern Kredite aufnehmen. Nach ihrer Einschätzung führt insbesondere die leichte Zugänglichkeit von Kleinkrediten zur Überschuldung.

Verbraucher vor Betrug schützen 

Johannes Müller, Referent im Team Finanzen beim Verbraucherzentrale Bundesverband, wies darauf hin, welche Stellen im Gesetzesentwurf zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie nicht überzeugend sind. Zum einen seien aus seiner Sicht die Anforderungen an die Kreditwürdigkeitsprüfung bei „Buy Now, Pay Later“-Krediten noch nicht hinreichend definiert. „Es sollten mindestens die finanziellen Verpflichtungen der Kreditnehmer geprüft werden müssen“, fordert Müller. Außerdem seien im Gesetzentwurf wichtige Präventionsmaßnahmen zum Schutz vor Kreditbetrug nicht mehr vorgesehen. Kredite sollen künftig in Textform mit Klick auf ein Kästchen abgeschlossen werden können. Bislang geht das nur in Schriftform, die eine Unterschrift verlangt. Ohne Unterschrift oder Identifizierungsverfahren ist ein Missbrauch leichter möglich. „Schon heute erleben wir, dass Kriminelle Verbraucherinnen und Verbraucher mittels Social Engineering Kreditverträge unterschieben“, so Müller. „Fällt die Notwendigkeit der Unterschrift weg, erleichtert das den Betrug mit Kreditverträgen.“

Kostenfreien Zugang beibehalten 

Der Entwurf für ein Schuldnerberatungsdienstegesetz (SchuBerDG) soll sicherstellen, dass Verbraucherinnen und Verbraucher, die Schwierigkeiten bei der Erfüllung ihrer finanziellen Verpflichtungen haben oder haben könnten, unabhängige Schuldnerberatungsdienste zur Verfügung gestellt werden. Ines Moers, Geschäftsführung BAG-Schuldnerberatung, sieht in dem Gesetzentwurf aus dem BMJV erhebliche Chancen, aber auch Herausforderungen. Sie begrüßte ausdrücklich, dass Betroffene nun viel früher als bisher Zugang zu Schuldnerberatung erhalten können und das Themenfeld der Überschuldung insgesamt in der Politik einen hohen Stellenwert genießt. Sie stellte allerdings auch fest, dass zu einem niedrigschwelligen Zugang auch gehöre, dass Schuldnerberatung kostenfrei zugänglich ist. Aus ihrer Sicht müssen die Formulierungen in § 3 des Gesetzentwurfes dahingehend überarbeitet werden und klare Zuständigkeiten auf Länderebene definiert werden, um einem bundeseinheitlichen Standard näher zu kommen. Ferner würde sie es begrüßen, wenn es Minimalanforderungen an die Qualifizierung von Beratungskräften gäbe.

Forderungen der Verbraucherzentrale Hessen 

In der anschließenden Diskussion mit Awet Tesfasius, Nadine Heselhaus und Johannes Wiegelmann – alle Abgeordnete des Deutschen Bundestags – machte Philipp Wendt deutlich:

  1. Um Betrug zu erschweren und übereilte Kreditentscheidungen zu verringern, sollten Kreditverträge weiterhin mit einer Unterschrift abgeschlossen werden müssen. Etwaige Erleichterungen für die Kreditaufnahme machen es auch Betrügern leicht.
  2. Schuldnerberatung muss für alle Menschen kostenfrei zugänglich sein. 
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