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Zugang zu Schuldnerberatung sicherstellen

Pressemitteilung vom
Verbraucherzentrale Hessen fordert weiterhin Kostenfreiheit der Schuldnerberatung und Sicherstellung ausreichender Beratungskapazitäten
Ein Paar mittleren Alters blickt besorgt auf Unerlagen

Die Zahl überschuldeter Verbraucher bleibt mit 5,56 Million Betroffenen weiter auf hohem Niveau. Die bis zum 20. November 2025 umzusetzende Verbraucherkreditrichtlinie (Richtlinie EU 2023/2225) soll helfen, Überschuldung zu vermeiden. Die Bundesregierung hat zur Umsetzung unter anderem den Entwurf eines Gesetzes über den Zugang zu Schuldnerberatungsdiensten (SchuBerDG) vorgelegt, der zur Zeit im Bundestag beraten wird. Am heutigen Mittwoch, 5. November 2025, findet im Bundestag eine öffentliche Anhörung zum geplanten Gesetz statt. Die Vorschläge im Entwurf reichen aus Sicht der Verbraucherzentrale Hessen nicht aus, um Verbraucher ausreichend durch unabhängige, leicht zugängliche Schuldnerberatungsstellen zu unterstützen. Vorstand Philipp Wendt, der an der Anhörung als Sachverständiger teilnimmt, fordert, die Kostenfreiheit der Schuldnerberatung sicherzustellen. Die im Entwurf vorgesehene Möglichkeit, Entgelte zu erheben, sei ersatzlos zu streichen.

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Der Entwurf für ein Schuldnerberatungsdienstegesetz soll sicherstellen, dass Verbraucher, die Schwierigkeiten bei der Erfüllung ihrer finanziellen Verpflichtungen haben oder haben könnten, unabhängige Schuldnerberatungsdienste zur Verfügung gestellt werden. Die Verbraucherzentrale hat im Rahmen der Verbändeanhörung eine umfassende Stellungnahme abgegeben und hält Konkretisierungen für dringend erforderlich. 

Vollständige Entgeltfreiheit gefordert

Aus Artikel 36 Abs. 1 der EU-Richtlinie ergibt sich erstmals ein Anspruch auf Schuldnerberatung für alle Verbraucherinnen und Verbraucher in den EU-Mitgliedsstaaten.  Artikel 36 Absatz 1 formuliert auch, dass ein etwaig erhobenes Entgelt nicht als Hindernis zum Zugang zu Schuldnerberatungsdiensten wirken darf und keine unnötige Belastung des Verbrauchers darstellen sollte. 

„Wir fordern eine vollständige Entgeltfreiheit. Schuldnerberatungsdienste müssen allen Verbraucherinnen und Verbrauchern kostenlos zur Verfügung stehen“, so Philipp Wendt, Vorstand der Verbraucherzentrale Hessen bei der heutigen Anhörung in Berlin. Der Bundestag habe einen Umsetzungsspielraum bei den Kosten, von dem er Gebrauch machen sollte, so Wendt. „Für Menschen in finanziellen Notlagen stellen Entgelte eine unangemessene Zugangshürde zur Schuldenberatung dar.“ Die gelte es es zu vermeiden. 

Beratungsentgelte kaum durchsetzbar 

„Beratungsentgelte wären zudem ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand für die bereits jetzt ausgelasteten Beratungsstellen“, so Wendt weiter. Sie wären bei den überschuldeten Betroffenen auch kaum durchsetzbar. „Der Großteil der Ratsuchenden in der Schulden- und Insolvenzberatung hat kein pfändbares Einkommen. Deswegen kommen sie in die Beratung“, erinnert Wendt. „Es ist nicht sinnvoll, hier Kosten in Rechnung zu stellen, die man am Ende doch wieder ausbuchen muss.“

Gegen die Zielsetzung des Koalitionsvertrags 

Die Normierung einer möglichen Entgeltpflicht widerspricht auch den klar formulierten Zielsetzungen im Koalitionsvertrag der Bundesregierung. Dort heißt es: "Wir stärken in Absprache mit den Ländern den vorsorgenden Verbraucherschutz, die nicht interessengeleitete Verbraucherbildung (Ernährung, Finanzen, Digitales) und eine kostenlose Schuldnerberatung, die niemanden ausschließt."

Ausgestaltung der Beratungsinfrastruktur

Auch die bestehende Beratungsinfrastruktur in Deutschland ist so auszugestalten, dass genügend Beratungsangebote flächendeckend und wohnortnah zur Verfügung stehen. Schon jetzt geraten die bestehenden Schuldnerberatungsstellen an ihre Grenzen. Gemäß der EU-Richtlinie haben die Mitgliedstaaten nun sicher zu stellen, dass Kreditgeber Verbraucher, die Schwierigkeiten bei der Erfüllung ihrer finanziellen Verpflichtungen haben, an Schuldnerberatungsdienste verweisen, die für den Verbraucher leicht zugänglich sind. Auch diese Verpflichtung der Banken, Kreditinstitute und anderer Anbieter wird zu einer erhöhten Anfrage von Verbrauchern bei den entsprechenden Schuldnerberatungsdiensten führen.

Hintergrundinfos

Bundesweit gibt es derzeit fast 1.400 Schuldnerberatungsstellen. Diese befinden sich in kommunaler Trägerschaft oder in der Trägerschaft gemeinnütziger Organisationen, wie beispielsweise der Verbraucherzentralen der Länder, die explizit in § 4 Abs. 2 SchuBerDG-E Erwähnung finden. Sie beraten Ratsuchende ganz überwiegend kostenlos.

In den Schuldnerberatungsstellen der Verbraucherzentrale Hessen sind die Beratungszahlen in den letzten Jahren massiv von 1.754 Fällen im Jahr 2019 auf 2.469 Fälle im Jahr 2024 um 41% angestiegen. Nach den Erwartungen der Verbraucherzentrale Hessen wird sich dieses erhebliche Wachstum des Beratungsbedarfs fortsetzen und mit der Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie nochmals erhöhen. Dabei ist zu beobachten, dass die Beratungen immer zeit- und arbeitsintensiver werden, da die Hilfesuchenden vermehrt multiple Problemlagen aufweisen (Schulden, Krankheit, Sucht, familiäre Probleme, prekäre Wohnverhältnisse) und eine Zunahme von psychischen Belastungen und Krankheitsbildern festzustellen ist.

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