Wir suchen Verstärkung! Hier geht es zu unseren offenen Stellen.

Das Sturzrisiko mindern mit speziellem Wirkstoffkomplex?

Stand:
Innovative Wirkstoffe zur Sturzprophylaxe? Eine vollmundige Werbung, dabei handelt es sich doch um ganz normale Vitamine.
Ältere Dame kauft Medikamente in der Apotheke mit freundlichen Apothekerin

Das Wichtigste in Kürze:
Auf`s Wissen kommt`s an

  • Bei dem beworbenen speziellen "Wirkstoff zur Sturzvorbeugung" handelt es sich um Cholecalciferol, außerdem ist im Produkt Menachinon enthalten.
  • Cholecalciferol ist nur ein anderer Name für Vitamin D, Menachinon für Vitamin K2. Das Produkt ist also keineswegs "einzigartig", wie vom Anbieter behauptet.
  • Vitamin D  trägt bei einer Dosis von 20 µg/Tag dazu bei, die durch instabile Körperhaltung und Muskelschwäche bedingte Sturzgefahr zu verringern. Stürze sind bei Männern und Frauen ab 60 Jahren ein Risikofaktor für Knochenbrüche.
  • Es sind Wechselwirkungen von Vitamin K mit Medikamenten (vor allem mit Blutgerinnungshemmern) möglich.
Off

Werbung und Wirklichkeit

Ein Nahrungsergänzungsmittel in Tropfenform aus der Apotheke wird mit Aussagen wie "Angst zu stürzen" und "Besonderer Wirkstoffkomplex reduziert das Sturzrisiko" oder "Der darin enthaltene spezielle Wirkstoff…" beworben. Dabei kann der Eindruck entstehen, dass es sich um ein ganz besonderes, einzigartiges Wirkstoffpaket handelt. Auf jeden Fall ist es recht hochpreisig (ca. 30 € pro 20 ml).

Tatsächlich sind die angegebenen Wirkstoffe nichts anderes als eine der zugelassenen Formen des Vitamin D (20 µg/Tagesdosis) und von Vitamin K (75 µg/Tagesdosis) in Olivenöl.

Für diese beiden Vitamine sind folgende gesundheitsbezogene Werbeaussagen in Bezug auf Knochen und Sturzprophylaxe von der EU zugelassen, sofern eine Mindestmenge des Vitamins enthalten ist:

  • Vitamin K trägt zur Erhaltung normaler Knochen bei (ab 11,25 µg Tagesdosis)
  • Vitamin D trägt zur Erhaltung normaler Knochen bei (ab 0,75 µg Tagesdosis)
  • Vitamin D trägt zur Erhaltung einer normalen Muskelfunktion bei (ab 0,75 µg Tagesdosis)
  • Vitamin D trägt dazu bei, die durch posturale Instabilität [= instabile Körperhaltung] und Muskelschwäche bedingte Sturzgefahr zu verringern. Stürze sind bei Männern und Frauen ab 60 Jahren ein Risikofaktor für Knochenbrüche (bei 20 µg/Tagesdosis)

Diese Aussagen sind für alle Lebensmittel (und Nahrungsergänzungsmittel) mit einem entsprechenden Vitamin D- bzw. Vitamin K-Gehalt erlaubt, sind also nicht spezifisch für dieses Produkt. Daher lohnt sich ein Preisvergleich.

Worauf muss ich bei diesem Produkt achten?

Zielgruppe des Produktes sind Senior:innen, die ja sowieso schon häufig Medikamente einnehmen müssen. Wenn Sie regelmäßig Arzneimittel nehmen, ist es wichtig, vor der Einnahme eines Nahrungsergänzungsmittels das ärztliche Gespräch zu suchen, da Wechselwirkungen mit Medikamenten möglich sind. Das gilt besonders für das Vitamin K in diesem Produkt, vor allem wenn Sie blutgerinnungshemmende Arzneimittel nehmen.

Durch die Darreichungsform als Tropfen (im Gegensatz zu Tabletten o.ä.) besteht die Gefahr, dass nicht genau genug dosiert wird. Achten Sie unbedingt genau darauf, nicht mehr als die angegebene Tagesdosis zu nehmen. Wird zu hoch dosiert bzw. steigt der Vitamin D-Blutspiegel (25(OH)D) auf über 44,7 ng/ml ist die Sturzgefahr bei alten Menschen doppelt so hoch wie bei einem Vitamin-D-Spiegel von 21 bis 30 ng/ml (=ausreichende Versorgung in Bezug auf die Knochengesundheit) - so das Ergebnis einer Studie mit im Schnitt 78-Jährigen. Nach anerkannter wissenschaftlicher Meinung (IMO-Klassifizierung) sollte der Vitamin-D-Spiegel nicht über 50 ng/ml liegen. Darüber spricht man von einer möglichen Überversorgung, die für den Körper negative gesundheitliche Folgen haben kann, zum Beispiel Hyperkalzämien, die zu Herzrhythmusstörungen oder Nierensteinen führen können.

Inwieweit für Sie eine Nahrungsergänzung mit Vitamin D plus Vitamin K überhaupt sinnvoll ist, sollten Sie im Vorfeld im Arztgespräch abklären. Laut Bundesinstitut für Risikobewertung ist gegenwärtig nicht hinreichend wissenschaftlich erforscht, inwieweit sich die Interaktion dieser beiden Vitamine auf die Gesundheit auswirkt, Die Behauptung mancher Hersteller, dass Vitamin K2 bei gleichzeitig hoher Vitamin D-Aufnahme das Risiko einer Gefäßverkalkung senkt, ist wissenschaftlich nicht belegt.

Laut Robert-Koch-Institut sind für einen Vitamin-D-Mangel Personen gefährdet, die sich selten im Freien aufhalten beziehungsweise aufhalten können, etwa weil sie immobil sind, chronisch krank oder pflegebedürftig. Zu dieser Personengruppe zählen unter anderem sehr alte Menschen, insbesondere solche, die in Pflegeheimen wohnen. Hier wird eine Supplementierung in einer Dosierung von bis zu 20 µg Vitamin D pro Tag empfohlen. Ältere Menschen sind aber auch generell gefährdet, da die Eigenproduktion von Vitamin D mit zunehmendem Alter nachlässt.

Weitere Informationen:

Vitamin D-Produkte – wann sind sie sinnvoll?

Vitamin D-Versorgung in Deutschland

Ratgeber-Tipps

Neben- und Wechselwirkungen von Medikamenten
Viele Menschen müssen dauerhaft Medikamente einnehmen - Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten oder mit…
Lebensmittel-Lügen
Wissen Sie, was Sie essen?
Rindfleischsuppe ohne Rindfleisch, Erdbeerjoghurt, der Erdbeeren vorgaukelt,…
Hand hält rote BahnCard 25

Nach Klage der Verbraucherzentrale: Kündigungsfrist für BahnCard verkürzt

Nach einer Klage der Verbraucherzentrale Thüringen hat die Deutsche Bahn die Kündigungsfristen für die BahnCard von 6 auf 4 Wochen verkürzt. Dies gilt jedoch nicht für alle BahnCards, sondern nur unter bestimmten Bedingungen. Die Verbraucherzentrale will weiter klagen, noch aus einem anderen Grund.

Lunch & Learn

In ihrem digitalen Vortragsformat „Lunch & Learn“ vermittelt die Verbraucherzentrale Bayern die wichtigsten Infos in der Mittagspause.
Eine Frau befragt einen älteren Herrn und hält ein Klemmbrett mit Unterlagen in der Hand

Wie können Sie sich gegenüber dem Pflegedienst verhalten?

Bei der ambulanten Pflege sind pflegebedürftige Menschen und ihre Angehörigen häufig auf die Unterstützung eines Pflegedienstes angewiesen. Die Verbraucherzentralen geben Antworten auf typische Fragen zu ambulanten Pflegeverträgen.